Desinformation und Cyberangriffe: Europäische Antworten
Michael Zinkanell: Desinformation und Cyberangriffe - Europäische Antworten auf zunehmende hybride Bedrohungen, AIES Studies 1/2022.
01.04.2024
Im Zeitraum der vorliegenden Analyse, Mitte 2021 bis Mitte 2022, lässt sich aus den sicherheitspolitischen Entwicklungen im Zusammenhang mit Cyberbedrohungen und Desinformationskampagnen auf die Europäische Union (EU) und ihre Mitgliedsstaaten eine Intensivierung der komplexen hybriden Bedrohungslage erkennen. Diese Zunahme der Aggression auf unkonventioneller Ebene und die damit verbundene Verschlechterung der allgemeinen Sicherheitslage innerhalb der EU lässt sich in erster Linie auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine zurückführen. Bereits in den Monaten vor Beginn der russischen Invasion der Ukraine am 24. Februar 2022 kam es zu einem Anstieg von Desinformationskampagnen, die direkt den russischen Staatsmedien zugeordnet werden können. Darüber hinaus verzeichneten Expert:innen unmittelbar vor und in den Tagen nach Beginn des Angriffskriegs eine starke Zunahme von Cyberangriffen und Ransomware-Attacken auf die Ukraine selbst sowie eine Verschärfung von digitalen Angriffen auf EU-Mitgliedsstaaten während dem weiteren Kriegsverlauf.
Aus der Analyse dieser Angriffe und ihrer Muster geht hervor, dass Russland im Zuge der Invasion der Ukraine seine Angriffstaktik aus der Luft und auf dem Landweg auf hybride Mittel abstimmt. Somit kommt es zu einer systematischen Synchronisation von konventionellen und unkonventionellen Kriegsmitteln, welche den digitalen Raum zum Kriegsschauplatz macht. Damit geht die weitere Zuspitzung des sicherheitspolitischen Gefahrenpotentials des digitalen Informationsraums einher, ein Trend, der sich bereits seit den letzten Jahren sukzessive in Richtung einer zunehmenden Eskalation entwickelt. Vor diesem Hintergrund sind sich europäische Sicherheitsexpert:innen einig, dass gezielte Desinformationskampagnen und Cyberangriffe als Waffen des 21. Jahrhunderts betrachtet werden müssen, wie es sich unter anderem aus den Diskussionsergebnissen des Paris Cyber Summit 2022 ableiten lässt.
Als Reaktion auf die zunehmende hybride Unsicherheit sowie zur Stärkung der europäischen Resilienz, Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit kam es in den letzten Monaten zu wesentlichen Weiterentwicklungen in Form von Strategien, Instrumenten und Gegenmaßnahmen auf EU-Ebene. Die folgenden Kapitel gehen strukturiert auf diese Entwicklungen im Cyberbereich sowie in der Bekämpfung von Desinformation ein. Abschließend bietet das Impulspapier einen Ausblick und skizziert Handlungsempfehlungen für österreichische Bedarfsträger:innen.