Die Rolle der EU für die Sicherheit und Verteidigung Europas

Am 9. November 2018 organisierte das AIES gemeinsam mit der Politischen Akademie und dem Wilfried Martens Centre das 22. Europaforum an der Diplomatischen Akademie Wien.

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16.11.2018


Das diesjährige Thema der Konferenz wurde mit „Die Rolle der EU für die Sicherheit und Verteidigung Europas“ betitelt.

Der Präsident des AIES, Dr. Werner Fasslabend leitete gemeinsam mit Botschafter Dr. Emil Brix, dem Direktor der Vienna School of International Studies die Konferenz ein. Nach ihren Einführungen wurde dem ehemaligen Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel das Wort übergeben.


Dr. Wolfgang Schüssel und Dr. Werner Fasslabend

Dr. Schüssel reflektierte über die Ausführungen von Präsident Macron und Kanzlerin Merkel, dass die EU derzeit einer Herausforderung mit drei Köpfen gegenübersteht: den USA, China und Russland. Seiner Einschätzung nach wird die Welt in den kommenden Jahren multiple Machtzentren erfahren, weshalb es für die EU notwendig sein wird, eine glaubhafte und effektive Strategie zu entwickeln. Dies sei notwendig, um die Werte Europas sicherzustellen: Wohlstand, das Streben nach Glück, Freiheit und Frieden und Stabilität.

Generalmajor Johann Frank ging in weiterer Folge auf die Prioritäten der österreichischen Ratspräsidentschaft in Bezug auf Sicherheit und Verteidigung ein. Wichtiger Aspekt war es dabei, das Momentum vorhergehender Präsidentschaften aufrecht zu erhalten und zugleich die Sicherheit europäischer Grenzen zu garantieren sowie sich auf den Westbalkan zu konzentrieren. In weiterer Folge ging er noch auf die Risiken einer gescheiterten Sicherheitsstrategie ein und einem Europa, das deshalb nicht agieren könnte.

Nach diesen beiden Keynote Reden startete die erste Diskussionsrunde. Unter dem Titel „Neue Dynamik für die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ trugen Jorge Domecq, Direktor der Europäischen Verteidigungsagentur, General Leutnant Esa Pulkkinen, Generaldirektor des Militärstabs der Europäischen Union sowie Geoffrey Van Orden, der stellvertretende Vorsitzende des Sonderausschusses Terrorismus am Europäischen Parlament, ihre Reden vor.

Jorge Domecq erklärte die Problematik, dass in Europa zu viel für militärisches Personal ausgegeben wird und nicht genug für technische Innovation. Infolgedessen müssen sich die Rüstungsfirmen der EU auf andere Märkte konzentrieren, um zu überleben. Mit der Globalen Strategie der EU wurden erste Schritte unternommen, um eine Kooperation in diesem Bereich zu verbessern und auch finanzielle Mechanismen zu schaffen, um den Markt zu unterstützen.

GenLt Pulkkinen betonten, dass die größte Sorge der europäischen Bürger ein wahrgenommener Mangel an Sicherheit sei. Deshalb müsse die EU ihre militärischen Kapazitäten stärken, wobei man auch beachten muss, dass nicht alle Probleme militärisch gelöst werden können. Regionen wie Afrika werden in Zukunft für die EU problematisch und benötigen deshalb eine dementsprechende finanzielle Unterstützung, um stabilisiert zu werden.

Geoffrey Van Orden stellte klar, dass der BREXIT eine Entscheidung des britischen Volkes war, die von der Regierung Großbritanniens durchgesetzt wird. Derzeitige Entwicklungen in der europäischen Verteidigung kritisierend, zeigte er deutlich auf, dass Europa bereits durch die NATO erfolgreich verteidigt wird. Aus diesem Grund müsse die Frage gestellt werden, wieso neue Instrumente benötigt werden. PESCO und ähnliche Initiativen kreieren nur Duplikationen und teilen Europa.

Die nächste Keynote Rede wurde von S.E. Seyed Kamal Kharazi, den Präsidenten des Strategischen Rats für Außenbeziehungen der Islamischen Republik Iran gehalten. Er sprach über die EU, die USA und die aktuellen Sanktionen Präsident Trumps und reflektierte über den Wandel in der US-Politik, welche Globalisierung als Bedrohung und die EU als Rivalen sieht sowie das iranische Volk mit den neuen Sanktionen angreift. S.E. Kharazi sieht im Mittleren und Nahen Osten eine weitere Herausforderung für die EU. Im Falle der USA machte er deutlich, dass formelle Treffen nur unter der Voraussetzung stattfinden können, dass die US-Administration wieder dem JCPOA beitritt.

Die letzte Diskussionsrunde trug den Titel: „Die Rolle Südosteuropas für die Stabilität des Kontinents“. Radmila Shekerinska, Vize-Premierministerin der Republik Mazedonien, Igor Crnadak, Außenminister von Bosnien und Herzegowina sowie Jadranka Joksimovic, EU-Ministerin der Republik Serbien folgten der Einladung des AIES und sprachen zum Thema.

Vize-Premierministerin Radmila Shekerinska redete über den Balkan als Region der Konflikte, weshalb man diese nicht unterschätzen sollte, wenn dort Krisen entstehen. Sie fügte hinzu, dass man Fortschritt nicht als gegeben voraussetzen sollte. Da Stabilität die Grundlage für Erfolg ist, sollten Demokratie und Marktwirtschaft Hand in Hand gehen. Die Republik Mazedonien war in der Lage in Fragen der Pressefreiheit und auch mit den Nachbarländern Fortschritte zu erzielen. In internationaler Hinsicht hat ihrer Meinung nach die NATO mehr ihrem Wort Folge geleistet, als die EU.

Die Fähigkeit des Balkans Probleme zu verursachen, war auch Thema Außenminister Igor Crnadaks Rede. Nachdem er die politischen Probleme und Spannungen Bosnien und Herzegowinas angesprochen hatte, hob er hervor, dass mehr Ehrlichkeit und Offenheit benötigt wird, wenn es nicht nur um regionale Kooperation, sondern auch die EU selbst geht. Klare Kriterien für den Integrationsprozess sind vonnöten und ebenso der Wille diese durchzusetzen. Letzten Endes sei ein vereinender Faktor im Land der Wunsch EU Mitglied zu werden.

EU-Ministerin Jadranka Joksimovic stellte klar, dass die EU durchaus in der Lage sei eigene Probleme zu schaffen, vor allem in Bezug auf den Balkan. Ein Versagen der GSVP sei die mangelnde Durchsetzung des Abkommens des Belgrad-Pristina Dialogs. Nachdem Frieden maßgebend für die Region ist und auch der Weg zu Wohlstand, muss Serbien wissen, dass das Land über glaubwürdige und verlässliche Partner verfügt. Die serbischen Bürger und Bürgerinnen sind für einen Beitritt zur EU und das Land selbst ist finanziell besser aufgestellt als manch anderer EU Mitgliedstaat.

Das diesjährige 22. Europaforum zog an die 200 Teilnehmer an, plus zahllose Zuschauer im Internet. Die Aufzeichnung der Konferenz kann online auf facebook eingesehen werden.


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